Leseproben: Pädagogik & frühkindliche Bildung

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Aus: Die 1-2-3-Methode von Thomas W. Phelan und Sarah Jane Schonour (© Verlag an der Ruhr)

Sie würden verrückt werden, wenn Sie jeden Tag mit Ihren Schülern über die gleichen Dinge diskutieren müssten. Tatsächlich sind Sie als Lehrer gezwungen, Ihre Schüler immer wieder zu frustrieren, weil Sie ihnen unmöglich alles durchgehen lassen können. Sie sind der Boss. Aber Sie müssen ein netter Boss sein.

Viele Lehrer (vor allem die nachgiebigen) verkomplizieren ihre Disziplinierungsversuche jedoch dadurch, dass sie zu nett sein wollen und dadurch, dass sie sich statt einem gleich zwei Ziele setzen. Das erste Ziel ist die Disziplinierung der Kinder, und das ist in Ordnung. Aber das zweite Ziel ist, dass sie von den Schülern auch noch Zuspruch erwarten. Der Lehrer redet und redet und wartet darauf, dass sein Schüler sagt: "Tja, so hab ich das noch nie gesehen. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen, es mir zu erklären. Ich weiß Ihre Bemühungen zu schätzen, mir beizubringen, wie ich mich verantwortungsvoll verhalte."

Sind wir realistisch: Wenn Ihr Schüler Ihnen zuhört und mehr Reden zu helfen scheint – prima. Aber bei frustrierten Kindern ist das normalerweise nicht der Fall; allzu oft eskaliert all das Reden und das Ergebnis sind Endlosdiskussionen und Streitereien.

Die Strafe ist kurz und schmerzlos

Bei der 1-2-3-Methode geht es um die Kontrolle der Schüler, aber auch um die Kontrolle der Erwachsenen. Als Lehrer ist es nicht immer einfach, einen kühlen Kopf zu bewahren, vor allem, wenn Sie sich ärgern. Einige Lehrer, vor allem autoritäre, fahren öfter mal aus der Haut.

Bei der 1-2-3-Methode sind die Konsequenzen vernüftig, klar umrissen und gerade schlimm genug, um ihren Zweck zu erfüllen. Eine Auszeit dauert ungefähr eine Minute pro Lebensjahr des Kindes oder sogar weniger.

Diese kurze und vernünftige Konsequenz macht den Schüler nicht so wütend, dass er einen Rachefeldzug starten will. Die meisten Schüler kommen aus der Auszeit und haben die ganze Angelegenheit schon vergessen. Und die Tatsache, dass der Erwachsene das Geschehen nicht noch einmal ansprechen und durchkauen darf – es sei denn, es ist unbedingt notwendig – trägt ebenfalls zu einer Normalisierung der Situation bei.

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Aus: Die 1-2-3-Methode für Eltern von Thomas W. Phelan (© Verlag an der Ruhr)

Hilfe! Mein Kinder spielen verrückt, wenn ich telefoniere!

Diese Frage weckt bei allen Eltern lebhafte Erinnerungen. Man könnte meinen, dass es auf der ganzen Welt keine Eltern gibt, deren Kinder nicht völlig aufdrehen, wenn Mutter oder Vater telefonieren. Viele Kinder fangen an, wie verrückt herumzulaufen und zu schreien, wenn das Telefon klingelt.

Bei uns zu Hause mischte auch noch der Hund mit. Das Telefon klingelte und sofort fing der Hund an zu bellen. Das Hundegebell war ein Signal für die Kinder: "Wir haben wieder ein Opfer in der Leitung! Los, gehen wir runter und piesacken es ein bisschen!" Und dann rannten sie alle durcheinander, kreischten und bellten und hatten eine Menge Spaß. Derjenige, der versuchte zu telefonieren, fühlte sich jedoch gefangen und war frustriert.

Warum scheint es so, als würden Kinder immer dann aufdrehen, wenn Sie telefonieren? Zuerst dachte ich, es läge daran, dass die Kinder eifersüchtig sind, weil Mutter oder Vater ihre Aufmerksamkeit einer anderen Person zuwenden und sie ignorieren. Das mag teilweise zutreffen, aber inzwischen bin ich überzeugt, dass die Kinder vor allem Ihre scheinbare Hilflosigkeit ausnutzen wollen. Die Kinder scheinen zu glauben, dass Sie mit dem Kopf am Telefon festhängen und daher nichts gegen ihren Radau unternehmen können.

In einer solchen Situation zählen Sie die Kinder [mit der 1-2-3-Methode] genauso aus, wie Sie es tun würden, wenn Sie nicht telefonieren – ungefähr so, als hätten Sie andere Erwachsene zu Besuch. Wenn Sie am Telefon sind, ist eine weitere Person anwesend – auch wenn sie nur zuhören und nicht auch zusehen kann. Sie müssen vielleicht Ihre Unterhaltung unterbrechen, um die Kinder auszuzählen. Vielleicht müssen Sie Ihrem Gesprächspartner kurz erläutern, was Sie vorhaben, legen dann den Hörer beiseite oder hängen ein, um das Kind in sein Zimmer zu bringen. Möglicherweise werden Ihre Ferngespräche etwas teuer, doch egal wie hoch der Preis sein mag: Ziehen Sie es durch! Sonst wissen die Kinder, dass Sie am Telefon leichte Beute sind. Und das werden sie nach Kräften ausnutzen.

Der Umgang mit dieser Art von "Telefonterror" ist am Anfang nicht leicht. Nach einer Weile haben die meisten Eltern ihre Kinder jedoch so weit, dass die sie beim Auszählen gar nichts mehr sagen müssen. Sie heben einfach die entsprechende Anzahl an Fingern und setzen dabei ihre Unterhaltung fort. Und die Kinder reißen sich zusammen, weil sie wissen, dass die Eltern es ernst meinen. Wenn Sie dieses Stadium erreicht haben, sind Sie für künftige Telefonate bestens gerüstet.